Werte-Studie III

Veröffentlicht am 15. Juni 2020

Neue Wertestudie: Vertrauen wir künstlicher Intelligenz?
In Kooperation mit der EBS Universität hat die Werte-Stiftung erforscht, unter welchen Bedin-gungen wir bereit sind, Entscheidungen an künstliche Intelligenzen zu delegieren.

Seit 2017 untersucht die Werte-Stiftung in Zusammenarbeit mit der EBS Universität grundlegende Wertethemen. In ihrer neuen Studie mit dem Titel „Der Einfluss von Ethik auf die Adoptionsbereitschaft von künstlicher Intelligenz“ geht es um aktuelle und ethisch anspruchsvolle Fragen: Sind wir bereit, Entscheidungen an künstliche Intelligenzen zu delegieren – und wenn ja unter welchen Bedingungen? Und sind wir auch bereit, Entscheidungen einer künstlichen Intelligenz zu akzeptieren, selbst wenn wir davon unmittelbar (und möglicherweise auch negativ) betroffen sind?

Jeder von uns nutzt täglich künstliche Intelligenzen (KI): Die Worterkennung von Suchmaschi-nen, Routenvorschläge der Navigationssysteme, digitale Sprachassistenten, Übersetzungssoft-ware, automatisierte Kalendereinträge, den Kamerafokus beim Handy – diese und viele weitere Anwendungen sind ohne künstliche Intelligenzen heute nicht mehr denkbar. Wir akzeptieren die Ergebnisse der Algorithmen weitgehend unreflektiert. Doch wie sieht es aus, wenn Füh-rungskräfte eine künstliche Intelligenz entscheiden lassen, ob eine Fabrik geschlossen wird und wer eine Kündigung bekommt? Wenn Politiker eine KI entscheiden lassen, wohin staatliche Gelder fließen? Wenn eine juristische KI festlegt, wer Schuld hat? Wenn eine KI dem Arzt die Diagnose abnimmt oder eine Bildungs-KI entscheidet, ob ein Kind auf die weiterführende Schule darf? In einer explorativen Studie haben wir über 2.500 Personen zu diesen und weiteren konkreten Entscheidungssituationen befragt.

Unsere zentralen Ergebnisse: Führungskräfte sind am ehesten bereit, KI zu nutzen, wenn die Berechnungskriterien der KI transparent sind – und wenn sie selbst nicht von dessen Entscheidung betroffen sind. Mitarbeiter wiederum akzeptieren die Entscheidungen einer KI am ehes-ten, wenn die Führungskräfte genauso von der Entscheidung betroffen sind wie sie, und wenn sie nachvollziehen können, warum und wie die KI ihre Entscheidung getroffen hat. Grundsätzlich sind Männer offener für KI als Frauen, aber insgesamt überwiegt die Skepsis: Nur 27% können sich im Jahr 2020 KI-Rechtsprechung vorstellen (eher in Zivil- als in Strafprozessen) und nur 36% finden medizinische KI-Diagnosen akzeptabel (am wenigsten bei Entscheidungen über lebenserhaltende Maßnahmen). Ebenfalls nur gut jeder Dritte (36%) wäre bereit, Entscheidungen einer Politik-KI oder Bildungs-KI zu befolgen (z.B. über passende Lerninhalte oder Prüfungs-fragen). Am höchsten ist die Bereitschaft, eine KI zu nutzen, im Bereich von Mobilität: 43% der Frauen und 52% der Männer vertrauen einem Fahrzeug, das autonom gesteuert wird.

Was die weitere Entwicklung und den zunehmenden Einsatz von KI angeht, so hat unsere Studie indes ein gemischtes Bild ergeben: 60% stehen ihr positiv gegenüber, 56% bereitet die Entwicklung Sorge. Einig wiederum waren sich die Befragten in der Erwartung, dass KI unseren Alltag in Zukunft noch stärker beeinflussen wird – und darin, dass sie mehr über KI lernen müssen.

Die Studie kann hier heruntergeladen werden.